Ein Zusammenschluss deutscher Technologieriesen positioniert Deutschland als Standort für eines der bisher ehrgeizigsten Infrastrukturprojekte im Bereich Künstliche Intelligenz in Europa.
Deutsche Telekom, SAP, der Webhosting-Anbieter Ionos und der Einzelhandelskonzern Schwarz Gruppe (Eigentümer von Lidl) bestätigten am Dienstag, dass sie gemeinsam Unterstützung der Europäischen Union suchen, um ein riesiges KI-Datenverarbeitungszentrum in Deutschland zu errichten. Das Konsortium befindet sich in aktiven Verhandlungen, um Fördermittel aus der 20-Milliarden-Euro-Initiative der EU für KI-Gigafabriken zu erhalten, die bis Ende des Jahres fünf fortschrittliche KI-Rechenzentren in Europa etablieren soll.
„Das Zeitfenster, um hierfür unsere eigene unabhängige Infrastruktur zu schaffen, ist jetzt“, sagte Christine Knackfuss-Nicolic, Chief Technology Officer der T-Systems-Sparte der Deutschen Telekom, die betonte, dass das Unternehmen eine führende Rolle in dem Vorhaben anstrebt. „Selten zuvor waren die Zeichen und der gemeinsame Wille in Europa so stark wie heute.“
Die Gigafabriken-Initiative der EU, die im Februar 2025 als Teil des umfassenderen 200-Milliarden-Euro-InvestAI-Programms angekündigt wurde, ist Europas strategische Antwort auf das Zurückfallen gegenüber den USA und China in der KI-Entwicklung. Jede Gigafabrik soll rund 100.000 hochmoderne KI-Chips beherbergen und die Rechenleistung bereitstellen, die für das Training komplexer, großskaliger KI-Modelle benötigt wird.
Ionos bestätigte, dass das Unternehmen Gespräche sowohl mit Regierungsvertretern als auch mit verschiedenen Unternehmen über das Projekt führt. „Grundsätzlich sehen wir die Initiative der Europäischen Kommission als wichtigen Schritt zu mehr digitaler Souveränität und sind an einer Teilnahme interessiert“, erklärte ein Unternehmenssprecher, wies jedoch darauf hin, dass noch zahlreiche Details geklärt werden müssten.
Obwohl konkrete Angaben zur geplanten Anlage bislang vage bleiben, bringen die Mitglieder des Konsortiums umfangreiche Erfahrung im Betrieb von Rechenzentren mit. Die Deutsche Telekom betreibt 16 Rechenzentren mit einer Kapazität von 130 MW, SAP unterhält weltweit mehr als 90 Rechenzentren (darunter fünf in Deutschland), und die Cloud-Sparte StackIT der Schwarz Gruppe betreibt bereits drei Rechenzentren in Deutschland und Österreich.
Laut der deutschen Tageszeitung Handelsblatt ist der Stichtag für die Interessenbekundung an der EU-geförderten Initiative der 20. Juni. Das Projekt steht vor Herausforderungen wie der Beschaffung rarer KI-Chips und der Suche nach geeigneten Standorten mit ausreichender Strominfrastruktur.