In einem bedeutenden Fortschritt für die Quantensensortechnologie ist es Forschern der University of Colorado Boulder gelungen, ein Gerät zu entwickeln, das Beschleunigungen gleichzeitig in drei Dimensionen mit ultrakalten Atomen messen kann – etwas, das viele Wissenschaftler zuvor für unmöglich hielten.
Das Forscherteam unter der Leitung von Doktorandin Kendall Mehling, Postdoktorandin Catie LeDesma und JILA-Professor Murray Holland veröffentlichte seine Ergebnisse diesen Monat im Fachjournal Science Advances. Ihre Arbeit stellt einen wichtigen Schritt für die Quantennavigationstechnologie dar.
Das Gerät funktioniert, indem Rubidiumatome auf Temperaturen von nur wenigen Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt werden, wodurch ein Quantenzustand namens Bose-Einstein-Kondensat entsteht. In diesem Zustand bilden die Atome kohärente Materiewellen, die mit extremer Präzision manipuliert werden können. Mit sechs Lasern, so dünn wie ein menschliches Haar, fixiert das Team die Atome und teilt sie anschließend in Quantensuperpositionen auf, in denen jedes Atom gleichzeitig an zwei Orten existiert.
Künstliche Intelligenz spielt eine entscheidende Rolle im Betrieb des Systems. Die Forscher setzten maschinelles Lernen ein, um den komplexen Prozess der Lasersteuerung zur Manipulation der Atome zu bewältigen. „Die KI plant die Abfolge der notwendigen Laseranpassungen und vereinfacht so einen ansonsten unvorstellbar aufwendigen Versuch-und-Irrtum-Prozess“, erklärt Professor Holland.
Während aktuelle Navigationssysteme auf GPS und elektronische Beschleunigungssensoren setzen, leiden diese im Laufe der Zeit unter mechanischem Verschleiß und Umweltanfälligkeiten. Atome hingegen altern oder verschleißen nicht, was eine langfristige Stabilität und Robustheit verspricht. Dieses Quantengerät könnte künftig die Navigation in Umgebungen ermöglichen, in denen GPS-Signale nicht verfügbar sind – etwa unter Wasser, unterirdisch oder im Weltraum.
Die Technologie stößt auf großes Interesse: Die NASA förderte das Team 2023 mit einem Zuschuss von 5,5 Millionen US-Dollar über das Quantum Pathways Institute, um die Entwicklung des Sensors weiter voranzutreiben. Über die Navigation hinaus könnte das Gerät geologische Untersuchungen, Tests fundamentaler physikalischer Gesetze und autonome Fahrzeugsteuerungen revolutionieren. Zwar ist der Prototyp derzeit noch tischgroß und weniger empfindlich als kommerzielle Technologien, doch die Forscher sind zuversichtlich, Leistung und Größe in den kommenden Jahren deutlich verbessern zu können.