Anthropic hat Windsurfs direkten Zugang zu seinen leistungsstarken Claude-KI-Modellen gekappt – ein strategischer Schritt, der vor dem Hintergrund starker Hinweise erfolgt, dass OpenAI kurz vor dem Abschluss einer 3-Milliarden-Dollar-Übernahme des beliebten Coding-Assistenten steht.
"Ich denke, es wäre seltsam, wenn wir Claude an OpenAI verkaufen würden", sagte Jared Kaplan, Chief Science Officer von Anthropic, während eines Bühneninterviews auf der TechCrunch AI 2025-Konferenz am 5. Juni. Mit seiner Aussage bezog er sich direkt auf den Bloomberg-Bericht von vor einigen Wochen, wonach OpenAI Windsurf für 3 Milliarden US-Dollar übernehmen will.
Durch die Entscheidung verliert Windsurf den direkten Zugang zu Claude 3.5 Sonnet und Claude 3.7 Sonnet – zwei der beliebtesten KI-Modelle für Programmieraufgaben. Das zwingt das Startup dazu, kurzfristig alternative Drittanbieter für Rechenleistung zu finden, was für Nutzer, die Claude über Windsurfs Plattform nutzen, vorübergehend zu Instabilitäten führen könnte.
Kaplan betonte, dass Anthropic sich auf „dauerhafte Partnerschaften“ konzentriere und Kunden unterstützen wolle, „die auch in Zukunft nachhaltig mit uns zusammenarbeiten werden“. Er nannte dabei explizit Cursor als Coding-Tool-Unternehmen, mit dem Anthropic eine langfristige Beziehung anstrebt.
Gleichzeitig richtet Anthropic den Fokus zunehmend auf die Entwicklung eigener agentischer Coding-Produkte wie Claude Code, anstatt auf klassische KI-Chatbot-Erfahrungen zu setzen. Kaplan merkte an, dass das Chatbot-Paradigma aufgrund seiner statischen Natur begrenzt sei und KI-Agenten langfristig für Nutzer hilfreicher sein würden.
Branchenanalysten sehen in Anthropics Schritt auch eine Reaktion auf begrenzte Rechenressourcen und die Notwendigkeit, diese gezielt einzusetzen. Durch die Sperrung verhindert Anthropic offenbar, dass ein künftig zu OpenAI gehörender Konkurrent Claude-Modelle nutzt und dass von Claude generierte Daten – direkt oder indirekt – im OpenAI-Ökosystem landen.
Der KI-gestützte Coding-Sektor, auch als „Vibe Coding“ bekannt, hat sich in den vergangenen Monaten deutlich aufgeheizt. OpenAI soll den Deal zur Übernahme von Windsurf bereits im April abgeschlossen haben, auch wenn beide Unternehmen dies bislang nicht offiziell bestätigt haben. Für Vibe-Coding-Startups ist Flexibilität entscheidend, da große KI-Unternehmen wie OpenAI, Google und Anthropic alle paar Monate neue Modelle veröffentlichen, die ihre Vorgänger bei Programmieraufgaben übertreffen.