Ein interdisziplinäres Team im Labor für Abfallmanagement am Zentrum für Nukleartechnik und Wissenschaften des PSI hat einen bahnbrechenden Ansatz zur Zementherstellung mittels maschinellen Lernens entwickelt. "Damit können wir Zementformulierungen simulieren und optimieren, sodass sie deutlich weniger CO2 ausstoßen und gleichzeitig die gleiche hohe mechanische Leistungsfähigkeit beibehalten", erklärt Mathematikerin Romana Boiger, Erstautorin der Studie. "Anstatt tausende Varianten im Labor zu testen, können wir mit unserem Modell innerhalb von Sekunden praktikable Rezeptvorschläge generieren – es ist wie ein digitales Kochbuch für klimafreundlichen Zement."
Die PSI-Forschenden trainierten ihr neuronales Netzwerk mit Daten, die aus der Open-Source-Software GEMS zur thermodynamischen Modellierung gewonnen wurden. "Mit Hilfe von GEMS haben wir – für verschiedene Zementformulierungen – berechnet, welche Minerale sich bei der Aushärtung bilden und welche geochemischen Prozesse ablaufen", erläutert Forscher Nikolaos Prasianakis. Durch die Kombination dieser Ergebnisse mit experimentellen Daten und mechanischen Modellen leitete das Team zuverlässige Indikatoren für die mechanischen Eigenschaften und die Materialqualität des Zements ab.
Unter den von den Forschenden identifizierten Zementformulierungen gibt es bereits vielversprechende Kandidaten. "Einige dieser Rezepturen haben echtes Potenzial", sagt John Provis, Leiter der Forschungsgruppe Zementsysteme am PSI, "nicht nur hinsichtlich CO2-Reduktion und Qualität, sondern auch in Bezug auf die praktische Umsetzbarkeit in der Produktion." Die Studie dient in erster Linie als Machbarkeitsnachweis – sie zeigt, dass vielversprechende Rezepturen mathematisch identifiziert werden können. Vor einer Umsetzung müssen die Rezepturen jedoch zunächst im Labor getestet werden.
Parallel dazu hat ein MIT-Forschungsteam unter Leitung von Postdoc Soroush Mahjoubi eine Open-Access-Studie in Nature's Communications Materials veröffentlicht, die eine ähnliche KI-basierte Lösung beschreibt. Das MIT-Team stellte fest, dass Materialien wie Flugasche und Schlacke schon lange als Zementersatz in Betonmischungen verwendet werden, doch die Nachfrage nach diesen Produkten übersteigt das Angebot, da die Industrie ihre Klimaauswirkungen verringern will. "Uns wurde klar, dass KI der Schlüssel zum Fortschritt ist", betont Mahjoubi. "Es gibt so viele Daten zu potenziellen Materialien – hunderttausende Seiten wissenschaftlicher Literatur. Diese zu sichten, hätte viele Menschenleben gedauert, und in der Zwischenzeit wären schon wieder neue Materialien entdeckt worden!"
Durch die Analyse wissenschaftlicher Literatur und von über einer Million Gesteinsproben sortierte das MIT-Team die Kandidatenmaterialien mithilfe ihres Frameworks in 19 Typen – von Biomasse über Nebenprodukte des Bergbaus bis hin zu Abbruchmaterialien aus dem Bauwesen. Mahjoubi und sein Team fanden heraus, dass geeignete Materialien weltweit verfügbar sind – und, noch beeindruckender, viele davon könnten einfach durch Mahlen in Betonmischungen integriert werden.
Diese KI-Innovationen revolutionieren die Zementindustrie, transformieren Herstellungsprozesse und werden im Kampf gegen den Klimawandel unverzichtbar, indem sie innovative und hocheffektive Ansätze für eine CO2-arme Zementproduktion ermöglichen.